Das Rheinische Landestheater zeigt

Shakespeare in Love

Nach dem Drehbuch von Marc Norman & Tom Stoppard

Bühnenfassung von Lee Hall

Deutsch von Corinna Brocher

 

Die Uraufführung war im Londoner West End in einer Produktion von Disney Theatrical Prodctions & Sonia Friedman Productions, Regie: Declan Donnellan; Bühne: Nick Ormerod; Musik: Paddy Cunneen

 

Viola - Antonia Schirmeister

Königin Elisabeth, Violas Amme - Hergard Engert

Will Shakespeare - Ulrich Rechenbach

Wessex, u.a. - Johannes Bauer

Sir Robert, Henslowe, u.a. - Carl-Ludwig Weinknecht

Fennyman, u.a. - Benjamin Schardt

Ned, Marlowe, u.a. - Peter Waros

Sam, u.a. - Philippe Ledun

Musik / Traum / Spiel - Anna Lisa Grebe

 

Inszenierung - Thomas Goritzki

Bühne / Kostüme - Heiko Mönnich

Musik - Henning Brand / Anna Lisa Grebe, unter Mitwirkung von Frank Wingold (Gitarre)

Dramaturgie - Olivier Garofalo

RegieassistenzMarkus Wegner

TheaterAktivKatja König

SoufflageSvenja Dahmen

InspizienzPhilip Dreher

HospitanzMaximilian Schubert

 

Spieldauer: 2 Stunden 15 Minuten, eine Pause

 

Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag, Hamburg

 

Veranstaltungstechnik David Kreuzberg (Technischer Leiter/ Beleuchtungsmeister), Claudia Kurras (stellv. Technische Leiterin/Bühnenmeisterin), Nikolaus Vögele (Beleuchtungsmeister), Fredo Helmert (Leiter der Tonabteilung), Lutz Patten (Assistent der technischen Leitung), Reinhold van Betteraey, Jens Gerhard, Markus Hermes, Ivan Hristov (Medientechnik / IT), Erhad Kovacevic, Daniel Marx, Maik Neumann, Stefan Ostermann, Katrin Otte, Lutz Schalla, Matthias Schöning, Michael Skrzypek, Til Topeit, Oliver Waldhausen, Peter Zwinger Auszubildende Nour al Hamdan, Leona Kittlaus, Malte Meuter, Tim Rettig, Elias Triebel Werkstätten Schreinerei/Schlosserei Engelbert Rieksmeier (Werkstättenleiter), Lutz Meuthen, Jorge Denis Corrales Mora, Jonas Henke, Peter Herbrand, Johannes Selzner Auszubildende Werkstätten Mitja Hennig, Justin Simon, Aaron Czirr Malsaal Sarah Durry (Leiterin Malsaal), Natalie Brüggenolte (in Elternzeit), Laura Conigliello, Dmytro Fedorovic Zhdankin, Luna Warnke, Maria Felicia Montemurro Gewandmeisterei Alide Büld (Leiterin der Kostümabteilung), Waldemar Klein (Leiter der Herrenabteilung, Herrenschneidermeister), Ute Dropalla (Garderobiere), Pauline Gez (Garderobiere), Susanne Groß, Maria Knop, Alina Listau, Anna Listau, Sophia Meuser Maske Marthe von Häring (Leiterin der Maske), Marleen Fee Hackenberg, Laura Rösch Requisite Birgit Drawer (1. Requisiteurin), Lara Maury

 

Insofern nicht anders markiert, sind die Texte Originalbeiträge von Olivier Garofalo

Fotos Marco Piecuch, Plakatfoto Simon Hegenberg

 

Bitte beachten Sie, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.

 

Hugh Fennyman setzt Rose-Theatre-Besitzer Philip Henslowe ordentlich unter Druck: Henslowe soll endlich seine Schulden abbezahlen und so verspricht dieser ein neues Stück von dem aufstrebenden Jungdramatiker William Shakespeare. »Romeo und Ethel, die Piratentochter«, so der Arbeitstitel, soll das Theater und damit die Kassen füllen. Allerdings ist Will nicht nur vollkommen uninspiriert, sondern hat aufgrund seiner eigenen Geldnot bereits Henslowes Rivalen Richard Burbage, dem Besitzer des Curtain Theatres, eine neue Komödie versprochen. Dank der Unterstützung seines Kollegen und Freundes Christopher »Kit« Marlowe, gelingt es Will wenigstens einen groben Plot zu entwickeln: Ein Italiener namens Romeo verliebt sich in Julia, die Tochter seines Feindes, und Mercutio, der beste Freund von Romeo, soll ich einem Duell getötet werden. Doch die nächste Katastrophe bahnt sich an: Offenbar ist kein einziger fähiger Schauspieler in London zu finden! Plötzlich aber steht Thomas Kent vor Shakespeare und weiß den Dichter sofort zu begeistern. Augenblicklich möchte Will mit dem unbekannten Schauspieler weiterarbeiten, jedoch flüchtet dieser in ein vornehmes Herrenhaus. Davon überzeugt, den Darsteller für seinen Romeo gefunden zu haben, folgt Shakespeare Thomas Kent und findet sich schließlich auf einer Feier wieder, wo er sich auf den ersten Blick in Viola De Lesseps verliebt. Diese jedoch soll aus finanziellen Gründen Lord Wessex heiraten, welcher Shakespeare in aller Brutalität zu verstehen gibt, dass er die Finger von Viola lassen soll. Im Liebeskummer kann auch Inspiration liegen und so entwickelt sich zumindest das versprochene Stück weiter. Als schließlich der Schauspieler Ned und seine Truppe der »Admiral´s Man« einwilligen, in Shakespeares neuem Stück mitzuspielen – unter der Bedingung, dass Ned die Titelrolle spielt, weshalb Will einfach behauptet, das Stück hieße »Mercutio« – scheint es zumindest im Theater erfolgreich zu laufen …

Marc Norman, 1941 in Los Angeles geboren, ist ein US-amerikanischer Drehbuchautor und Filmproduzent. Für den Film »Shakespeare In Love«, bei dem er mit Tom Stoppard zusammenarbeitete, wurde er sowohl in der Kategorie »Bester Film« als auch in der Kategorie »Bestes Originaldrehbuch« mit dem Academy Award ausgezeichnet. Der britische Dramatiker Tom Stoppard gilt als einer der herausragenden Autoren des britischen Nachkriegsdramas, was durch seine Erhebung in den Adelsstand 1997 untermauert wird. Zu seinen bekanntesten Stücken gehören »Rosencrantz and Guildenstern are Dead«, »Jumpers«, »The Invention of Love« oder auch »Leopoldstadt«.

Munter vermischen die Autoren Marc Norman und Tom Stoppard Realität und Fiktion und haben mit »Shakespeare in Love« einen Text entwickelt, der augenscheinlich nur unterhalten möchte, allerdings durchaus mehr zu transportieren imstande ist und somit auch formal den Dramen des 16. Jahrhunderts in England entspricht. Kein elisabethanischer Dramatiker konnte sich dem Unterhaltungsauftrag entziehen. Der Zweck des Theaters bestand »as well for the recreation of our loving subjects as for our solace and pleasure when we shall think good to see them during our pleasure*«, wie Jakob I. es mit einer von Elisabeth übernommenen Formulierung ausdrückte (*sowohl zur Erholung unserer uns liebenden Untertanen als auch zu unserem Trost und Vergnügen, wann immer wir es gut finden, sie während unseres Vergnügens zu sehen). An den Dramen von Shakespeare, der genau wusste, was das Publikum wollte und diese Wünsche bediente, lässt sich die Tragweite des Unterhaltungsauftrags erkennen. Nicht nur seine Komödien, sondern auch seine Tragödien enthalten stets pompöse Szenen, in denen gesungen und getanzt, beziehungsweise geprügelt und gekämpft wird. Gleichzeitig gelang es Shakespeare jedoch Stücke zu entwickeln, die sich mehr oder weniger unterschwellig mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben sowie der individuellen Existenz auseinandersetzten.

 

Ähnlich steht auch bei »Shakespeare in Love« die Unterhaltung im Vordergrund, doch gibt es eine Reihe an Anspielungen auf die historische wie auch gegenwärtige Realität. Verzweifelt Will beim Vorsprechen an den Laiendarstellern, so erinnert dies auch an die Entwicklung der Berufsschauspieler im Laufe des 16. Jahrhunderts. Zwar ist das Theater bis heute nicht mit einem Bürojob zu vergleichen, jedoch wurde es damals zusehends nach dem Muster eines Handwerksbetriebs organisiert – eine Entwicklung, die ebenfalls bis heute anhält. Anders als heute waren die Schauspieler jedoch am Einspielergebnis und damit am Profit und Risiko des Theaters beteiligt. Somit konnte sich der historische Shakespeare glücklich schätzen als Autor Teil einer Truppe zu sein, denn auch dies hat sich bis heute kaum verändert: Freie Schriftsteller*innen können kaum von den Pauschalhonoraren leben. Nicht minder aktuell sind der stetige Überlebenskampf der Theater, das Solidarisieren in dem einen Moment und das Konkurrieren im nächsten, wie es durch Burbage und Henslowe (beide sind historische Figuren) gezeigt wird.

 

Ebenfalls vergleichsweise nah an der historischen Realität wird die Probenarbeit abgebildet. Regisseur*innen gab es nicht in der Form, wie wir das Berufsbild heute verstehen. Insofern die Autoren ebenfalls als Schauspieler auf der Bühne standen, war es üblich, dass sie ihre eigenen Stücke mit der restlichen Truppe einstudierten. Waren die Autoren nicht Teil der Truppe, bekamen die einzelnen Schauspieler meistens nur den Text ihrer Rolle sowie die notwendigen Stichwörter und Regieanweisungen. Um die Gefahr, einen potenziellen Erfolgstext an eine andere Truppe zu verlieren, zu minimieren, erhielten die Schauspieler in der Regel nicht den kompletten Text. Ebenfalls üblich war auch damals schon die Mehrfachbesetzung, welche allerdings die Dramaturgie des Textes beeinflusste. So sind beispielsweise Shakespeares Stücke so konzipiert, dass ein Darsteller, der in zwei aufeinanderfolgenden Szenen benötigt wird, entweder vor dem Ende der ersten aus irgendwelchen Gründen früher abgehen muss oder in der folgenden Szene später auftritt, damit ein Kostümwechsel möglich ist.

 

Unweigerlich thematisiert »Shakespeare in Love« auch die Stellung der Frau innerhalb der Gesellschaft. Mit Elisabeth stand eine Frau an der politischen Spitze einer extrem patriarchalen Gesellschaft, in der Frauen sich ihren Ehemännern zu unterwerfen hatten. Der Umgang von Wessex mit seiner Verlobten Viola erinnert dabei durchaus an Petruccio aus Shakespeares »Der Widerspenstigen Zähmung«, der seine Verlobte mit allen Mitteln zu disziplinieren versucht, damit sie keusch und gehorsam seinem Ideal entspricht. In einer solchen Gesellschaftsordnung war es natürlich auch unvorstellbar, dass Frauen gleichberechtigt mit Männern auf einer Bühne stehen. Auch dies hat sich zum Glück verändert, wenn es auch leider immer wieder zu einem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern kommt.

 

In der Inszenierung von Thomas Goritzki und im Bühnenbild von Heiko Mönnich wird auch die damalige Aufführungspraxis zitiert. Zu Shakespeares Zeiten wurden zwar auf der Bühne Requisiten oder Mobiliar wie beispielsweise ein Tisch oder ein Hocker benutzt, auf Bühnenbilder im eigentlich Sinn jedoch verzichtet. So blieb dem Publikum die Möglichkeit, potenzielle Leerräume mit der eigenen Fantasie zu füllen, während gleichzeitig schnelle Ortswechsel möglich waren, beziehungsweise Kurzszenen beinah nach dem Simultanprinzip abliefen. Der Schauspielstil hatte sich indes im 16. Jahrhundert mit der zunehmenden Komplexität der Stücke verändert. Setzten die Schauspieler vor der Zeit vor 1595 auf einen streng stilisierten Stil, so wurde das Spiel zusehends naturalistischer. Auch diese Praxis wird in der Inszenierung zitiert und, ähnlich wie es die Autoren beim Text taten, mit Zitaten der gegenwärtigen Schauspielkunst bereichert.

William Shakespeare
Shall I compare thee to a summer’s day? (Sonnet 18)

Shall I compare thee to a summer’s day?
Thou art more lovely and more temperate:
Rough winds do shake the darling buds of May,
And summer’s lease hath all too short a date:

Sometime too hot the eye of heaven shines,
And often is his gold complexion dimm´d;
And every fair from fair sometime declines,
By chance, or nature’s changing course, untrimm´d;

But thy eternal summer shall not fade
Nor lose possession of that fair thou ow’st,
Nor shall Death brag thou wander´st in his shade,
When in eternal lines to time thou grow'st;

So long as men can breathe or eyes can see,
So long lives this, and this gives life to thee.

 

Soll ich dich einem Sommertag vergleichen? (Sonett Nr. 18)

Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?
Er ist wie du so lieblich nicht und lind;
Nach kurzer Dauer muss sein Glanz verbleichen,
Und selbst in Maienknospen tobt der Wind.

Oft blickt zu heiß des Himmels Auge nieder,
Oft ist verdunkelt seine gold´ne Bahn,
Denn alle Schönheit blüht und schwindet wieder,
Ist wechselndem Geschicke untertan.

Dein ew´ger Sommer doch soll nie verrinnen,
Nie fliehn die Schönheit, die dir eigen ist,
Nie kann der Tod Macht über dich gewinnen,
Wenn du in meinem Lied unsterblich bist!

Solange Menschen atmen, Augen sehn,
Lebt mein Gesang und schützt dichvor Vergehn!

William Shakespeare

Die beiden Veroneser

HERZOG

Freund Valentin, wohin in solcher Eil'?

VALENTIN

Mit Eurer Gnaden Gunst, ein Bote wartet,

Um meinen Freunden Briefe mitzunehmen,

Und jetzo wollt' ich sie ihm übergeben.

HERZOG

Ist viel daran gelegen?

VALENTIN

Ihr Inhalt soll nur melden, wie gesund

Und glücklich ich an Eurem Hofe lebe.

HERZOG

So ist's nicht wichtig; weile noch bei mir,

Denn ein Geschäft muss ich mit dir besprechen,

Ganz in geheim, das nahe mich betrifft.

Dir ist nicht unbekannt, dass ich die Tochter

Mit Thurio, meinem Freund, vermählen wollte.

VALENTIN

Ich weiß es wohl, mein Fürst; und die Verbindung

Ist reich und ehrenvoll; auch ist der Mann

Voll Tugend, Trefflichkeit und so begabt,

Dass er solch edle Gattin wohl verdient.

Könnt Ihr des Fräuleins Herz nicht zu ihm wenden?

HERZOG

Durchaus nicht; sie ist albern, widerspenstig,

Stolz, ungehorsam, starr und pflichtvergessen;

Sie weigert mir die Liebe ganz des Kindes,

Wie sie nicht Furcht vor ihrem Vater kennt;

Und dieser Hochmut, kann ich dir vertrauen,

Hat, wohlerwogen, ihr mein Herz entwendet.

Ich hoffte sonst die letzten Lebensjahre

Gepflegt von Kindesliebe hinzubringen;

Doch jetzt ist mein Entschluß, mich zu vermählen,

Und sie, entfremdet, wähle, wen sie will;

Mög' ihre Schönheit ihre Mitgift sein,

Denn mich und meine Güter schätzt sie nicht.

VALENTIN

Was will Eu'r Gnaden, das ich hierin tu'?

HERZOG

In eine Dame hier in Mailand, Freund,

Bin ich verliebt; doch sie ist spröd' und kalt

Und achtet nicht Beredsamkeit des Greises;

Drum wollt' ich dich zu meinem Führer wählen

(Denn längst vergaß ich schon den Hof zu machen;

Auch hat der Zeiten Weise sich verändert),

Wie und was Art ich mich betragen soll,

Ihr sonnenhelles Aug' auf mich zu lenken.

VALENTIN

Gewinnt sie durch Geschenk', schätzt sie nicht Worte;

Juwelen sprechen oft mit stummer Kunst,

Gewinnen mehr als Wort' des Weibes Gunst.

HERZOG

Sie wies ein Kleinod ab, das ich geschickt.

VALENTIN

Oft weist ein Weib zurück, was sie beglückt.

Ein zweites schickt; ermüdet nicht im Lauf;

Verschmähn zuerst weckt später Sehnsucht auf.

Wenn sie Euch zürnt, ist's nicht, um Hass zu zeigen,

Sie will, Ihr sollt ihr größre Liebe zeigen;

Schilt sie Euch weg, so heißt das nicht: geht fort!

Die Närrchen toben, nimmt man sie beim Wort.

Abweisen lasst Euch nie, was sie auch spricht;

Denn sagt sie: »Geht«, so meint sie: »Gehet nicht«;

Lobt, schmeichelt, preist, vergöttert ihre Gaben;

Auch schwarz, lasst sie ein Engelsantlitz haben.

Der Mann, der nur 'ne Zung' hat, ist kein Mann,

Des Wort nicht jedes Weib gewinnen kann.

HERZOG

Doch, die ich meine, ward von ihren Freunden

Versprochen einem jungen, edlen Herrn;

Und streng von Männerumgang ausgeschlossen,

Dass niemand sie am Tage sehen darf.

VALENTIN

So würd' ich denn sie in der Nacht besuchen.

HERZOG

Verschlossen ist die Tür, verwahrt der Schlüssel,

Dass niemand nachts zu ihr gelangen mag.

VALENTIN

Was hindert, durch das Fenster einzusteigen?

HERZOG.

Hoch ist ihr Zimmer, von dem Boden fern,

Und steil gebaut, daß keiner auf mag klimmen,

Der augenscheinlich nicht sein Leben wagt.

VALENTIN

Nun, eine Leiter, wohlgeknüpft aus Schnüren,

Hinauf zu werfen mit zwei Eisenklammern,

Genügt, der Hero Turm selbst zu ersteigen,

Wenn ein Leander kühn es wagen will.

HERZOG

Fürwahr, du bist ein alter Edelmann:

Gib Rat, wie solche Leiter anzuschaffen!

VALENTIN

Wann braucht Ihr sie? Ich bitte, sagt mir das.

HERZOG

In dieser Nacht; denn Liebe gleicht dem Kinde,

Das alles will, was es erlangen kann.

VALENTIN

Um sieben Uhr schaff' ich Euch solche Leiter.

HERZOG

Noch eines; ich allein will zu ihr gehn;

Wie lässt sich nun dorthin die Leiter bringen?

VALENTIN

Leicht könnt Ihr, gnäd'ger Herr, sie selber tragen,

Ist Euer Mantel nur von ein'ger Länge.

HERZOG

Ein Mantel, so wie deiner, möchte passen.

VALENTIN

Ja, gnäd'ger Herr.

HERZOG

Zeig' deinen Mantel mir,

Ich lass' mir einen machen von der Länge.

VALENTIN

Ein jeder Mantel, gnäd'ger Herr, ist passend.

HERZOG

Wie stell' ich mich nur an mit solchem Mantel?

Ich bitte, lass mich deinen überhängen!

Was ist das für ein Brief? was gibt's? – An Silvia?

Und hier ein Instrument, so wie ich's brauche?

Vergönnt, dass ich diesmal das Siegel breche!

Liest.

»Ihr wohnt bei Silvia, meine Nachtgedanken;

Als Sklaven send' ich euch dorthin zu fliegen:

Oh, könnt' ihr Herr so leicht gehn durch die Schranken,

Um da zu ruhn, wo sie gefühllos liegen!

Ja, die Gedanken schließ' in sel'ge Brust ein,

Wie ich, ihr König, der sie eifernd schickt,

Verwünschend wünscht, er möcht' in solcher Lust sein,

Weil mehr als er die Diener sind beglückt.

Weil ich sie sende, drum verwünsch' ich mich,

Wo selbst ich sollte ruhn, erfreun sie sich.« –

Was gibt es hier?

»Silvia, in dieser Nacht befrei' ich dich!«

So ist es; und dazu ist dies die Leiter. –

Ha, Phaeton (denn du bist Merops' Sohn),

Erfrechst du dich des Himmelswagens Lenkung,

Im Übermut die Erde zu verbrennen?

Greifst du nach Sternen, weil ihr Glanz dir strahlt?

Wahnsinn'ger Sklav'! der frech sich eingedrängt,

Gewinn' dir Gleiches durch dein grinsend Lächern!

Dank' meiner Nachsicht mehr als deinem Wert,

Dass du noch lebend darfst von hier entfliehen;

Dies preise mehr als all die Gunstbezeugung,

Die ich, nur weggeworfen, dir erwies.

Doch, wenn du länger weilst in meinem Land,

Als nötig ist zur schnellsten Vorbereitung,

Von unserm königlichen Hof zu scheiden,

Dann wahrlich will ich dir weit grimm'ger zürnen,

Als ich mein Kind je oder dich geliebt.

Fort denn und schweig' mit nichtiger Entschuld'gung:

Liebst du dein Leben, fort in schnellster Eil'!

Herzog geht ab.

VALENTIN

Ha! lieber tot als leben auf der Folter!

Zu sterben, ist von mir verbannt zu sein,

Und Silvia ist ich selbst; verbannt von ihr,

Ist selbst von selbst: o tödliche Verbannung!

Ist Licht noch Licht, wenn ich nicht Silvia sehe?

Ist Lust noch Lust, wo Silvia nicht zugegen?

Und war sie's nicht, dacht' ich sie mir zugegen,

Entzückt vom Schattenbild der Göttlichkeit.

Nur wenn ich in der Nacht bei Silvia bin,

Singt meinem Ohr Musik die Nachtigall;

Nur wenn ich Silvia kann am Tage sehn,

Nur dann strahlt meinem Auge Tag sein Licht:

Sie ist mein Lebenselement; ich sterbe,

Werd' ich durch ihren Himmelseinfluß nicht

Erfrischt, verklärt, gehegt, bewahrt im Leben.

Tod folgt mir, flieh' ich seinen Todesspruch;

Verweil' ich hier, erwart' ich nur den Tod;

Doch Flucht von hier ist aus dem Leben Flucht.

William Shakespeare

Romeo und Julia

Capulets Garten.

Romeo kommt.

ROMEO

Der Narben lacht, wer Wunden nie gefühlt.

Julia erscheint oben an einem Fenster.

Doch still, was schimmert durch das Fenster dort?

Es ist der Ost, und Julia die Sonne! –

Geh auf, du holde Sonn'! Ertöte Lunen,

Die neidisch ist und schon vor Grame bleich,

Dass du viel schöner bist, obwohl ihr dienend.

Oh, da sie neidisch ist, so dien' ihr nicht!

Nur Toren gehn in ihrer blassen, kranken

Vestalentracht einher: wirf du sie ab!

Sie ist es, meine Göttin! meine Liebe!

O wüsste sie, dass sie es ist! –

Sie spricht, doch sagt sie nichts: was schadet das?

Ihr Auge red't, ich will ihm Antwort geben. –

Ich bin zu kühn, es redet nicht zu mir.

Ein Paar der schönsten Stern' am ganzen Himmel

Wird ausgesandt, und bittet Juliens Augen,

In ihren Kreisen unterdes zu funkeln.

Doch wären ihre Augen dort, die Sterne

In ihrem Antlitz? Würde nicht der Glanz

Von ihren Wangen jene so beschämen,

Wie Sonnenlicht die Lampe? Würd' ihr Aug'

Aus luft'gen Höh'n sich nicht so hell ergießen,

Dass Vögel sängen, froh den Tag zu grüßen?

Oh, wie sie auf die Hand die Wange lehnt!

Wär' ich der Handschuh doch auf dieser Hand,

Und küsste diese Wange!

JULIA

Weh mir!

ROMEO

Horch!

Sie spricht! Oh, sprich noch einmal, holder Engel!

Denn über meinem Haupt erscheinest du

Der Nacht so glorreich, wie ein Flügelbote

Des Himmels dem erstaunten, über sich

Gekehrten Aug' der Menschensöhne, die

Sich rücklings werfen, um ihm nachzuschaun,

Wenn er dahin fährt auf den trägen Wolken

Und auf der Luft gewölbtem Busen schwebt.

JULIA

O Romeo! warum denn Romeo?

Verleugne deinen Vater, deinen Namen!

Willst du das nicht, schwör' dich zu meinem Liebsten,

Und ich bin länger keine Capulet!

ROMEO für sich.

Hör' ich noch länger, oder soll ich reden?

JULIA

Dein Nam' ist nur mein Feind. Du bliebst du selbst,

Und wärst du auch kein Montague. Was ist

Denn Montague? Es ist nicht Hand, nicht Fuß,

Nicht Arm noch Antlitz, noch ein andrer Teil.

Was ist ein Name? Was uns Rose heißt,

Wie es auch hieße, würde lieblich duften;

So Romeo, wenn er auch anders hieße,

Er würde doch den köstlichen Gehalt

Bewahren, welcher sein ist ohne Titel.

O Romeo, leg' deinen Namen ab,

Und für den Namen, der dein Selbst nicht ist,

Nimm meines ganz!

ROMEO indem er näher hinzutritt

Ich nehme dich beim Wort.

Nenn' Liebster mich, so bin ich neu getauft,

Ich will hinfort nicht Romeo mehr sein.

JULIA

Wer bist du, der du, von der Nacht beschirmt,

Dich drängst in meines Herzens Rat?

ROMEO

Mit Namen

Weiß ich dir nicht zu sagen, wer ich bin.

Mein eigner Name, teure Heil'ge, wird,

Weil er dein Feind ist, von mir selbst gehasst.

Hätt' ich ihn schriftlich, so zerriss' ich ihn.

JULIA

Mein Ohr trank keine hundert Worte noch

Von diesen Lippen, doch es kennt den Ton.

Bist du nicht Romeo, ein Montague?

ROMEO

Nein, Holde; keines, wenn dir eins missfällt.

JULIA

Wie kamst du her? o sag mir, und warum?

Die Gartenmau'r ist hoch, schwer zu erklimmen;

Die Stätt' ist Tod, bedenk' nur, wer du bist,

Wenn einer meiner Vettern dich hier findet.

ROMEO

Der Liebe leichte Schwingen trugen mich;

Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren;

Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann:

Drum hielten deine Vettern mich nicht auf.

JULIA

Wenn sie dich sehn, sie werden dich ermorden.

ROMEO

Ach, deine Augen drohn mir mehr Gefahr

Als zwanzig ihrer Schwerter; blick' du freundlich,

So bin ich gegen ihren Hass gestählt.

JULIA

Ich wollt' um alles nicht, dass sie dich sähn.

ROMEO

Vor ihnen hüllt mich Nacht in ihren Mantel.

Liebst du mich nicht, so lass sie nur mich finden:

Durch ihren Hass zu sterben wär' mir besser,

Als ohne deine Liebe Lebensfrist.

JULIA

Wer zeigte dir den Weg zu diesem Ort?

ROMEO

Die Liebe, die zuerst mich forschen hieß.

Sie lieh mir Rat, ich lieh ihr meine Augen.

Ich bin kein Steuermann; doch wärst du fern

Wie Ufer, von dem fernsten Meer bespült,

Ich wagte mich nach solchem Kleinod hin.

JULIA

Du weißt, die Nacht verschleiert mein Gesicht,

Sonst färbte Mädchenröte meine Wangen

Um das, was du vorhin mich sagen hörtest.

Gern hielt' ich streng auf Sitte, möchte gern

Verleugnen, was ich sprach: doch weg mit Förmlichkeit!

Sag, liebst du mich? Ich weiß, du wirst's bejahn,

Und will dem Worte traun; doch wenn du schwörst,

So kannst du treulos werden; wie sie sagen,

Lacht Jupiter des Meineids der Verliebten.

O holder Romeo! wenn du mich liebst:

Sag's ohne Falsch! Doch dächtest du, ich sei

Zu schnell besiegt, so will ich finster blicken,

Will widerspenstig sein, und nein dir sagen,

So du dann werben willst: sonst nicht um alles!

Gewiss, mein Montague, ich bin zu herzlich;

Du könntest denken, ich sei leichten Sinns.

Doch glaube, Mann, ich werde treuer sein

Als sie, die fremd zu tun geschickter sind.

Auch ich, bekenn' ich, hätte fremd getan,

Wär' ich von dir, eh' ich's gewahrte, nicht

Belauscht in Liebesklagen. Drum vergib!

Schilt diese Hingebung nicht Flatterliebe,

Die so die stille Nacht verraten hat!

ROMEO

Ich schwöre, Fräulein, bei dem heil'gen Mond,

Der silbern dieser Bäume Wipfel säumt ...

JULIA

O schwöre nicht beim Mond, dem Wandelbaren,

Der immerfort in seiner Scheibe wechselt,

Damit nicht wandelbar dein Lieben sei!

ROMEO

Wobei denn soll ich schwören?

JULIA

Lass es ganz!

Doch willst du, schwör' bei deinem edlen Selbst,

Dem Götterbilde meiner Anbetung!

So will ich glauben.

ROMEO

Wenn die Herzensliebe ...

JULIA

Gut, schwöre nicht: Obwohl ich dein mich freue,

Freu' ich mich nicht des Bundes dieser Nacht.

Er ist zu rasch, zu unbedacht, zu plötzlich;

Gleicht allzusehr dem Blitz, der nicht mehr ist,

Noch eh' man sagen kann: »Es blitzt.« – Schlaf' süß!

Des Sommers warmer Hauch kann diese Knospe

Der Liebe wohl zur schönen Blum' entfalten,

Bis wir das nächste Mal uns wiedersehn.

Nun gute Nacht! So süße Ruh' und Frieden,

Als mir im Busen wohnt, sei dir beschieden!

ROMEO

Ach, du verlässest mich so unbefriedigt?

JULIA

Was für Befriedigung begehrst du noch?

ROMEO

Gib deinen treuen Liebesschwur für meinen!

JULIA

Ich gab ihn dir, eh' du darum gefleht:

Und doch, ich wollt', er stünde noch zu geben.

ROMEO

Wollt'st du ihn mir entziehn? Wozu das, Liebe?

JULIA

Um unverstellt ihn dir zurückzugeben.

Allein ich wünsche, was ich habe, nur.

So grenzenlos ist meine Huld, die Liebe

So tief ja wie das Meer. Je mehr ich gebe,

Je mehr auch hab' ich: beides ist unendlich.

Ich hör' im Haus Geräusch; leb wohl, Geliebter!

Die Wärterin ruft hinter der Szene.

Gleich, Amme! Holder Montague, sei treu!

Wart' einen Augenblick: ich komme wieder.

Sie geht zurück.

ROMEO

O sel'ge, sel'ge Nacht! Nur fürcht' ich, weil

Mich Nacht umgibt, dies alles sei nur Traum,

Zu schmeichelnd süß, um wirklich zu bestehn.

Julia erscheint wieder am Fenster

JULIA

Drei Worte, Romeo; dann gute Nacht!

Wenn deine Liebe, tugendsam gesinnt,

Vermählung wünscht, so laß mich morgen wissen

Durch jemand, den ich zu dir senden will,

Wo du und wann die Trauung willst vollziehn.

Dann leg' ich dir mein ganzes Glück zu Füßen,

Und folge durch die Welt dir als Gebieter. –

Die Wärterin hinter der Szene: »Fräulein!«

Ich komme; gleich! – Doch meinst du es nicht gut,

So bitt' ich dich ...

Die Wärterin hinter der Szene: »Fräulein!«

Im Augenblick: ich komme! –

... Hör' auf zu werben, lass mich meinem Gram!

Ich sende morgen früh –

Alt
Ulrich Rechenbach, Peter Waros, Johannes Bauer, Anna Lisa Grebe, Philippe Ledun, Benjamin Schardt
Anna Lisa Grebe, Antonia Schirmeister, Benjamin Schardt
 Ulrich Rechenbach, Antonia Schirmeister
Antonia Schirmeister, Ulrich Rechenbach
Ulrich Rechenbach, Antonia Schirmeister
Anna Lisa Grebe, Ulrich Rechenbach, Antonia Schirmeister
Peter Waros, Antonia Schirmeister, Philippe Ledun, Anna Lisa Grebe
Peter Waros, Ulrich Rechenbach, Benjamin Schardt, Johannes Bauer, Carl-Ludwig Weinknecht, Antonia Schirmeister, Philippe Ledun, Anna Lisa Grebe
Ulrich Rechenbach, Antonia Schirmeister
Anna Lisa Grebe, Antonia Schirmeister, Johannes Bauer, Philippe Ledun, Benjamin Schardt, Carl-Ludwig Weinknecht
Carl-Ludwig Weinknecht, Johannes Bauer
Carl-Ludwig Weinknecht, Anna Lisa Grebe, Peter Waros, Johannes Bauer, Ulrich Rechenbach, Benjamin Schardt, Philippe Ledun
Antonia Schirmeister, Ulrich Rechenbach
Ulrich Rechenbach, Hergard Engert, Benjamin Schardt, Antonia Schirmeister
Benjamin Schardt, Carl-Ludwig Weinknecht
Hergard Engert, Philippe Ledun
Antonia Schirmeister
Anna Lisa Grebe
Ulrich Rechenbach, Anna Lisa Grebe, Antonia Schirmeister

 

 

 

 

 

 

 

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